Agrarkartelle in Ostdeutschland

Vor 25 Jahren war es Winter in Deutschland und der Schnee lag über dem noch jungen Weizen. Doch gerade in den östlichen Teilen der Bundesrepublik war etwas anders als sonst, denn es war der letzte Weizen, der in der noch existierenden DDR geerntet werden sollte. Nicht nur marode Bausubstanz und Industrie markierten den Unterschied zwischen Ost und West, es waren genauso die riesigen Äcker, die von industriell organisierten LPGen bewirtschaftet wurden und sich so sehr von der bäuerlichen Struktur Westdeutschlands absetzten. Das Land, auf dem diese Kolchosen wirtschafteten, war zum einen Teil blutig geraubt , zum andern Teil samt der Bauern, die auf ihm saßen, versklavt worden.

Nicht umsonst ging daher bei vielen die  Hoffnung mit der politischen Wende einher, dass dieser Zustand nicht länger anhalten würde. 25 Jahre danach sieht die Bilanz ernüchternd aus: die riesigen Äcker sind geblieben, genauso wie die Produktionsgenossenschaften, die auf ihnen wirtschaften. Selbst die Köpfe, die sie leiten, sind in den vielen Fällen die gleichen wie vor 25 Jahren. Es ist ein dunkles Kapitel der Wiedervereinigung, das man gerne tot zu schweigen versucht.

Ausgerechnet die links-grüne TAZ hat sich nun dieses Themas angenommen und zeigt in ihrem Artikel „Agrarkartelle in Ostdeutschland“ schonungslos, was sonst gerne vertuscht wird.

http://taz.de/Agrarkartelle-in-Ostdeutschland/!139358/

 

Der 20. Juli, die Bundesrepublik feiert den Sieg über alle Widersacher

Zum siebzigsten Mal jährt sich dieses Jahr der versuchte und gescheiterte Umsturzversuch vom 20. Juli 1944. Seit 1963 steht dieser Tag auch im offiziellen Kalender der Bundesrepublik, doch bis heute, so scheint es, haben vor allem die politischen Eliten unseres Landes ein sehr gespaltenes Verhältnis zu den Vorgängen und Akteuren desletzten und bedeutendsten Aufstandes gegen Hitler.

 

Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR war es von Beginn an quasi Staatsraison, dass(Groß)Bauern, Gutsherren, Unternehmer und einige mehr, diejenigen gewesen seien, die Hitler in den Sattel gehoben hätten. Genau diese Argumentation diente dann auch direkt nach dem Krieg den deutschen Kommunisten als moralische Rechtfertigung für Raub, Vertreibung, Gewalt bis hin zum Mord an eben diesen politisch unerwünschten Bürgern. Dass sich unter den pauschal verurteilten Hauptkriegs- und Naziverbrechern neben den mehrheitlich völlig Unbescholtenen auch reihenweise Angehörige derer befanden, die rund um die Ereignisse des 20. Juli von den Nazis gefoltert und gemordet wurden, passte um so besser ins Kalkül, weil die neuen Machthaber mit Sicherheit davon ausgehen konnten, daß diese  sich auch gegen die nächste sozialistische Diktatur auflehnen würden, wenn man ihnen auch nur die kleinste Möglichkeit dafür lassen würde. Auch darf nicht vergessen werden, dass eben auch die Familien auf Grund der von den Nazis und später auch von den Kommunisten praktizierten Sippenhaft kaum mildere Schikanen zu ertragen hatten.

 

Es war eine bewusste Entscheidung der schwarz-gelben Bundesregierung 1989/90, das himmelschreiende Unrecht des DDR-Regimes weitestgehend auf sich beruhen zu lassen, was einer moralische Absolution des kommunistischen Weltbildes und der aus ihm resultierenden Verbrechen gleichkam. Die Überzeugung, der deutsche Adel, Großbauern und Industrielle seien Schuld am Aufstieg der Nazis, setzte sich dadurch auch in Westdeutschland zunehmend durch. So wird der Zugang der „Eliten“ in Politik und Medien des heutigen Deutschlands zu dem bekanntesten Widerstandsereignis der Nazizeit immer schwieriger, bestand doch der Kreis der Beteiligten fast vollständig aus Offizieren, aus Adeligen, aus Söhnen von Grundbesitzerfamilien. Es scheint unserem heutigen politisch-medialen Personal unmöglich die Realität des 20. Juli mit dem eigenen Weltbild in Einklang zu bringen. Ein Weltbild, in dem die Helden des Widerstands entsprechend der eigenen Stereotypen eigentlich die Nazitäter sein müssten Es ist schon fast davon auszugehen, dass genau diese Denkweise in den Tagen der Wiedereinigung bereits latent in den Köpfen unserer politischen Führung verankert war, egal wie „liberal“ oder „konservativ“ sie sich selbst bezeichnete. Anders ist die Entscheidung der Bundesregierung, das gestohlene Eigentum, eben auch vieler Widerstandskämpfer, aus dem Bundesvermögen meistbietend zu verkaufen, anstatt es den rechtmäßigen Eigentümern bzw. deren Erben zurückzugeben, nicht zu verstehen. Als Rechtfertigung wurde damals, man höre und staune, angeführt, dass die Maßnahmen gegen Nazi- und Kriegsverbrecher nicht angetastet werden dürften. Die Sippenhaft, unter denen die Angehörigen der Verschwörer in den letzten Monaten des Dritten Reiches noch massiv zu leiden hatten, deretwegen sie danach von deutschen Kommunisten aus ihrer Heimat verjagt wurden, wurde nun 45 Jahre nach ihrer offiziellen Abschaffung erneut gegen sie ausgesprochen. Weil sie Erben angeblicher Naziverbrecher seien, wurde ihnen die Rückkehr in ihr Zuhause verwehrt.

 

Für die Angehörigen und wenigen Überlebenden der Beteiligten des 20. Juli war dies ein brutaler Schlag ins Gesicht. 1996 sagten Hans Albrecht von Boddien und Philipp von Boeselager als zwei der letzten Überlebenden ihre Teilnahme an der offiziellen Gedenkfeier ab, wozu von Boddien in einem offenen Brief erklärte (http://www.focus.de/politik/deutschland/widerstand-strafe-fuers-ueberleben_aid_162319.html): „Als einer der wenigen am Leben gebliebenen und heute noch lebenden aktiven Teilnehmer des 20. Juli 1944 empfinde ich es als unerträgliche Mißachtung unseres Widerstandes gegen Nazigewalt und -unrecht, daß die derzeitige Regierung [Kohl] sich anmaßt, den aus dem deutschen Osten stammenden Widerständlern als „besonderen Dank für den selbstlosen Einsatz“ Familienbesitz, die geliebte Heimat mit Haus und Hof zu rauben und zu verscherbeln…“

Bereits 1993 starb mit Axel von dem Bussche ein anderer Überlebender des 20.Juli, der ebenfalls seines Erbes beraubt, resigniert nach erfolglosen Klagen gegen die Bundesrepublik, als letzte Worte gesprochen haben soll, dass er sich schäme einen deutschen Pass in der Tasche zu haben. Für ein solches System habe er nicht sein Leben riskiert!

 

Seit einigen Jahren wurde unter der Regierung Merkel das feierliche Gelöbnis der jungen Soldaten des Wachbataillons vom Bendlerblock weg, vor den Reichstag verlegt. Vielleicht mag der Platz optisch ansprechender sein als der enge Innenhof des schlicht gehaltenen Gebäudekomplexes, doch wird die Feier damit auch vom Ort des Geschehens – der Gedenktafel an der Wand, an der der engste Verschwörerkreis noch in der Nacht zum 21.Juli standrechtlich erschossen wurde – weg zum Ort der politischen Entscheidung gelegt. Das ist schon ein mehr als symbolischer Akt, der die Akteure und ihr auf ihrem Gewissen beruhendes Handeln in den Hintergrund schiebt und dafür den Gehorsam der Armee gegenüber der Politik in den Vordergrund stellt. Die Botschaft dieses Gedenktages wird damit zunehmend negiert.

 

Diese Entleerung des Inhalts und die Tatsache, dass die Erben der Widerstandskämpfer bis heute wie zu Zeiten der Sippenhaft als Verbrechererben gebrandmarkt werden, lässt immer mehr den Eindruck aufkommen, dass alljährlich am 20. Juli nicht der versuchte, sondern der gescheiterte Widerstand gefeiert wird. Statt einer auf halbmast stehenden Trauerbeflaggung, die zum Gedenken an die ermordeten Helden des Widerstands anregen würde, suggeriert die Vollbeflaggung geradezu einen Triumph, den Sieg über alle Widersacher. Ein Sieg über alle, die sich als freie Menschen ihrem Gewissen gegenüber verantwortlich gefühlt und entsprechend diesem Gewissens bis in die letzte Konsequenz gehandelt haben.

Nach 1944 unter den Nazis und 1945 unter den Kommunisten wurden die letzten Überlebenden und Erben der Widerstandskämpfer 1990 durch die schwarz-gelbe Bundesregierung ein drittes Mal bestraft, indem man ihr Erbe vor ihren eigenen Augen öffentlich zum Verkauf stellte und dabei nicht selten auch Familien bekannter, echter Naziverbrecher den Zuschlag gab. Spätestens seit dieser politischen Entscheidung ist der 20. Juli zu einer Farce sondergleichen verkommen. Wer die offiziellen Veranstaltungen zu diesem Gedenktag verfolgt, sollte sich bewusst sein, dass die Bundesrepublik sich an diesem Tag vielleicht unbewusst, aber dennoch stolz als Vollstrecker national-/sozialistischer Verbrechen präsentiert.

 

Vertreibungsrehabilitierung möglich – Rehabilitierung des Vermögensentzugs unmöglich?

Die Theorie von der „Vermeidung eines Unrechtsvorwurfs gegenüber der Besatzungsmacht“ im Lichte des Gleichbehandlungsgrundsatzes

… Anerkannt ist insbesondere seit dem hier erstrittenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2009 – BVerwG 8 C 25.08 – aber  die grundsätzliche Rehabilitierungsfähigkeit von Vertreibungsakten im Rahmen der Bodenreform gemäß § 1 a VwRehaG und zwar auch ohne dass solche schriftlich nachgewiesen sind und auch ohne dass es im Einzelfall zu einer Deportation kam.

… Das Bundesverfassungsgericht hatte schon mit seinem Beschluss vom 4. Juli 2003 – 1 BvR 834/02 – in einem hier geführten Verfassungsbeschwerdeverfahren festgestellt, dass es mit Blick auf den Einigungsvertrag und das Grundgesetz nicht nur unbedenklich sei, in bestimmten Fällen besonders massiver Eingriffe in Persönlichkeitsrechte der Eigentümer eine Rehabilitierung und Rückgabe auch dann vorzusehen, wenn der Vermögensverlust in die Besatzungszeit fiel, sondern eine solche in diesen Fällen sogar rechtlich geboten sei.

… Nach bisher ständiger Rechtsprechung dieser beiden Gerichte liegt die Rechtfertigung für die Verweigerung  der Rückgabe in der Behauptung, dass deutsche Behörden und Gerichte mit Blick auf sowjetische Äußerungen in den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen gegenüber der sowjetischen Besatzungsmacht keinen Unrechtsvorwurf aussprechen dürften.

… Die Theorie von der Vermeidung eines Unrechtsvorwurfs, die aktuell vom Bundesverfassungsgericht als zentrales Argument der Rehabilitierung und Rückgabe entgegengehalten wird (vgl. zu dieser Rechtfertigung des „Rehabilitierungsverbots“ in § 1 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG: BVerfG, Beschluss vom 4. Juli 2003 – 1 BvR 834/02 -), gerät aber spätestens dann ins Wanken, wenn man bedenkt, dass das Bundesverwaltungsgericht mit der, in einem hier geführten Verfahren ergangenen, oben schon zitierten Revisionsentscheidung vom 10. Dezember 2009 – BVerwG 8 C 25.08 – nicht nur anerkannt hat, dass es sich bei Maßnahmen im Rahmen der Bodenreform um grobes politisches Verfolgungsunrecht handelte, das die damaligen Eigentümer ohne rechtsstaatskonforme Rechtfertigung diskriminierend aus der Gesellschaft ausgegrenzt hat, sondern auch konkret anerkannt hat, dass die in diesem Zusammenhang verübten Vertreibungsmaßnahmen von den deutschen verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsbehörden zu rehabilitieren sind.

… Erstere führen nicht zu Folgeansprüchen auf Rückgabe, letztere schon. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist aber längst anerkannt, dass bei der Entscheidung, ob oder ob nicht rehabilitiert wird, die zuständige Behörde bzw. das zuständige Gericht nicht eventuelle rückgaberechtliche Folgen der Rehabilitierung berücksichtigen darf, weil Maßstab für das „Ob“ der Rehabilitierung alleine die Frage der Wiedergutmachung schweren Verfolgungsunrechts ist, das stets und ohne Blick auf die dadurch ausgelösten rückgaberechtlichen Folgen zu rehabilitieren ist  (Urteil des BVerwG vom 14. Juli 2001 – 3 C 32.00).

Damit aber fehlt es nach der eigenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an jeder sachlichen Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung von Vertreibungsrehabilitierung einerseits und Vermögensentziehungsrehabilitierung andererseits.

… Denn der reinen Landumverteilung könnte allenfalls die Enteignung jeder, die 100 ha Grenze überschreitenden Fläche gedient haben, nicht aber die restlose Vermögensentziehung auch der letzten 99 ha, wie sie im Rahmen der Bodenreform aber erfolgte.

… Das führt letztlich zu dem Ergebnis, dass § 1 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG, der nach heute ständiger Rechtsprechung der Rehabilitierung von Vermögensentziehungsmaßnahmen in der Besatzungszeit entgegengehalten wird (aber eben nicht der Rehabilitierung von Vertreibungsmaßnahmen) entweder insoweit verfassungskonform auszulegen ist, dass er einer Rehabilitierung nicht mehr im Wege steht, oder wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig ist, jedenfalls aber im Ergebnis der Rehabilitierung auch des Vermögensentzugs in geeigneten Fällen nicht entgegengehalten werden darf. (29. November 2011)

Lesen Sie hier den ganzen Beitrag von Stefan von Raumer

Dr. Jörg Gerke: Zahlen und Fakten zur ostdeutschen Bodenpolitik

Vortrag am 26.03.2014 in Güstrow – Handout

Die ostdeutsche Bodenpolitik nach 1990

Der Fall Mecklenburg-Vorpommern

PD Dr. Jörg Gerke

Die ostdeutschen Agrarstrukturen sind fast 25 Jahre nach dem Mauerfall durch nichts so bestimmt wie durch die bodenpolitischen Entscheidungen.

Dies gilt in besonderem Maße für Mecklenburg-Vorpommern (M-V), wo die öffentliche Hand anfangs über weit mehr als 50 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche verfügte, die letztlich aus der „Bodenreform“ stammte. Noch 1994 verwaltete die Bodenverwertungs- und Verwaltungsgesellschaft (BVVG) mehr als 440.000 ha, das Land M-V selbst war im Jahr 2003 Eigentümer von mehr als 90.000 ha. Zum Bodeneigentum der öffentlichen Hand kommt noch in erheblichem Umfang das kommunale Eigentum.

Welche strukturellen Effekte wurden mit der Verfügung über diese Flächen beabsichtigt und bewirkt? In Bezug auf die BVVG hat die Bundesregierung im Jahr 2012als Antwort auf eine kleine Anfrage informative Daten veröffentlicht (Tab. 1).

Tabelle 1. Verpachtung von BVVG-Flächen an unterschiedliche Betriebsgrößen zum 1.1.2010 in ganz Ostdeutschland und in Mecklenburg-Vorpommern, Angaben in Hektar. (Anteil an der gesamten Fläche in %). [Anteil der Betriebe an den gesamten Betrieben in M-V in %]

 

bis 100 ha

100 – 250 ha

250 – 500 ha

500 – 1.000 ha

über 1.000 ha

Gesamt-fläche
Mecklenburg-Vorpommern

1.638  (1,5%)

7.375 (6,7%)

15.143  (15,0%)

25.621  (23,0%)

60.882 (55%)

110.659

Betriebsgrößen-verteilung MV

[52%]

[14,9%]  

[14,9%]

[10,9%]

[7,2%]

 

Ostdeutschland 

5.779 (2,0%)

20.807 (7,2%)

35.541 (12,3%)

71.038 (24,0%)

154.873 (53,8 %)

288.038

Aus : Bundestagsdrucksache 2012/85174, Auszug; Statistisches Amt M-V 2010, Auszug

Folgende Sachverhalte lassen sich aus Tabelle 1 ablesen. Die von Betrieben bis       100 ha bewirtschaftete BVVG-Fläche ist mit 1,5% in M-V und 2,0 % in ganz Ostdeutschland gering. In M-V haben  52% der Betriebe, nämlich die bis 100 ha fast keine BVVG- Flächen zum Stichtag gepachtet. Dagegen haben 7,2% der Betriebe, diejenigen mit über 1000 ha, 55% der BVVG Flächen gepachtet. Die Situation ist in ganz Ostdeutschland ähnlich, wobei die Bevorteilung der Großbetriebe in M-V noch ausgeprägter ist.

Da die ostdeutschen Bundesländer für die Verpachtung der BVVG-Flächen des Bundes verantwortlich sind- die zuständigen Pachtkommissionen waren bei den Ämtern für Landwirtschaft  oder den Landkreisen angesiedelt -muß von einer vergleichbaren Bevorzugung der großen Betriebe bei der Verpachtung der Landesflächen ausgegangen werden.

Kleine und mittelgroße Betriebe konnten nach der Wende nicht gegründet werden oder konnten vom Nebenerwerb nicht in den Haupterwerb wechseln, weil sie von der Verpachtung weitgehend ausgeschlossen waren.

Die Verpachtung bestimmte kurz- und mittelfristig die agrarstrukturelle Entwicklung. Was aber bedeutete die Verpachtung für die langfristige Entwicklung?

Auch dazu hat die Bundesregierung nach einer kleinen Anfrage im Bundestag im Jahr 2012 Informationen gegeben (Tab. 2).

Tabelle 2. Verkäufe landwirtschaftlicher BVVG- Flächen von 1992 bis einschließlich 2011 in Hektar (Bundestagsdrucksache 2012/846085, Auszug)

Verbilligt (nach EALG)

zum Verkehrswert

 

an Pächter

 

an Alteigentümer

 

an Pächter

nach allgem. Ausschreibung

nach beschränkter Ausschreibung

371.051

20.436

262.384

44.455

5.519

 

Die Pächter haben seit 1992 im Direktverkauf mehr als 90% der verkauften BVVG- Flächen erworben, vorbei an Ausschreibungen oder beschränkten Ausschreibungen, also zu subventionierten Kaufpreisen. Da Pächter der BVVG-Flächen die Großbetriebe waren und sind, ist der Ausschluss kleinerer und mittlerer Betriebe nicht nur kurzfristig, sondern langfristig angelegt. Und dies mit hohen Subventionen. Noch 2010 verpachtete die BVVG bei langfristigen Pachtverträgen zu im Mittel 150 €/ha und Jahr, rund ein Drittel des Verpachtungspreises auf dem freien Markt. Ein nur geringfügig höheres Pachtpreisniveau für Landesflächen hat der hiesige Landwirtschaftsminister für M-V vor Kurzem bekannt gegeben. Die Verkaufspreise der BVVG für den EALG-Verkauf lagen lange Zeit für hochwertige gut arrondierte Flächen in M-V bei unter 2.500 €/ha, während auf dem freien Bodenmarkt solche hochwertigen, arrondierten Flächen nahezu nicht zu erwerben waren, oder bei Preisen von 10.000 €/ha oder mehr lagen.

Durch diese Form der BVVG-Verpachtung und der Verpachtung der Landesflächen ist die mittelständische bäuerliche Landwirtschaft von diesen Subventionen weitgehend und gezielt ausgeschlossen worden. Es sind Eigentumsstrukturen geschaffen worden, deren Konzentration heute schon die Verhältnisse vor 1945 weit übertreffen. Dabei bewirtschaften in M-V mittlerweile die 341 Betriebe über 1000 ha Größe mehr als 40% der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Ursache für diese Entwicklung ist die solcherart betriebene „Bodenpolitik“, verbunden mit einem System an EU-Agrarbeihilfen, das diese Beihilfen allein an den Umfang des Bewirtschaftungsrechtes für landwirtschaftliche Flächen bindet.

Diese Entwicklung hat nichts mit einem marktwirtschaftlichen Strukturwandel gemein, sie ist durch die gezielte, hohe Subventionierung von Großbetrieben in Ostdeutschland und in M-V in besonderem Ausmaß bestimmt. Und es sind erst recht nicht „Gewachsene Strukturen“ die in Ostdeutschland in der Landwirtschaft anzutreffen sind. Dies ist nur eine leere Phrase von ostdeutschen Agrarministern und Bauernverbandsfunktionären.

Der Bürgerrechtler in der ehemaligen DDR und Agrarwissenschaftler Michael Beleites hat zu dem Begriff „Gewachsene Strukturen“ treffend formuliert: „Gewachsen sind die Besonderheiten der ostdeutschen Agrarstrukturen ganz und gar nicht. Sie verdanken sich der blanken Gewalt und den flächendeckenden Zwangsmaßnahmen einer menschenverachtenden Diktatur. Die Bodenreform (1945/46), die Kollektivierung (1952-60) und die Industrialisierung (1970er Jahre) waren drei Teile desselben Plans und sie dienten einem zentralen Ziel der kommunistischen Ideologie: Der kompletten Auslöschung des Berufsstandes der freien Bauern“ (Beleites, 2012, Leitbild Schweiz oder Kasachstan. Hamm).

Die ostdeutsche Bodenpolitik nach 1990 ist die Fortsetzung dieser Politik.

Angesichts der Sachlage und der statistischen Daten ist es nur noch skurril, wenn der seit 1998 in M-V amtierende Landwirtschaftsminister vor einigen Jahren in einer Landtagsrede unwidersprochen behaupten konnte, daß er sich für die breite Eigentumsstreuung eingesetzt habe.

Was aber sind die Folgen der ostdeutschen Bodenpolitik?

  1. Wenige Agrargroßbetriebe beherrschen in einem immer größeren Ausmaß die Dörfer und ländlichen Regionen. Dabei sind diese Betriebe vorwiegend auf extensive Produkte wie Mais und Druschfrüchte spezialisiert.

 

  1. Bäuerliche Landwirtschaft, also eine verantwortliche, über Generationen nachhaltige Landwirtschaft wird immer weiter zurückgedrängt, landwirtschaftlich geprägte Dörfer verschwinden oder werden zu agrarindustriellen Einheiten. Der Greifswalder Geograph Prof. Dr. Klüter hat diese Entwicklung als Bildung von Wüstungen charakterisiert.

 

  1. Flächenbezogene hohe Wertschöpfung in der Landwirtschaft ist eine Folge von Tierhaltung, Anbau von Hackfrüchten wie Kartoffeln oder Gemüse und einer intensiven kundennahen Vermarktung, wie der Direktvermarktung. Dies leisten bäuerliche Betriebe und nicht extensive Großbetriebe.

 

  1. Der Ausverkauf der Landwirtschaft in Ostdeutschland an externe, ortfremde Investoren ist eine Folge der ostdeutschen Bodenpolitik. Es wurden große Betriebe geschaffen, die Flächen von der öffentlichen Hand teilweise nahe dem Nulltarif erworben haben. Diese sind das Ziel externer Investoren, nicht aber kleine bäuerliche Betriebe. Deswegen gibt es den Ausverkauf in Ostdeutschland; in Westdeutschland dagegen gibt es keinen vergleichbaren Prozess.

 

Für weitere Informationen zu diesem Thema: ostdeutsche.bodenpolitik.de

Mitglieder des Vorstandes

Elisabeth Salomon, Präsidentin
Jörg Hubertus Hörning, stellvertretender Vorsitzender
Wolfgang Haars, Geschäftsführer
Carl Christian Hesse
Günther Alexander von Wittich
Olaf Henke, kooptiert

 

Sitzungen des Vorstands (Auswahl)

12. 03.2014 Vorstandssitzung in der Landesvertretung Sachsen-Anhalt, Berlin

08.03.2013 Vorstandssitzung im Hotel Central Kaiserhof, Hannover

23.03.2012 Vorstandssitzung im Hotel Central Kaiserhof, Hannover

29.10.2010 Vorstandssitzung im Deutschen Historischen Museum, Berlin

13.10.2009 Vorstandssitzung in der Niedersächsischen Landesvertretung, Berlin

65 Jahre HvL – JHV 2013

Die Jahreshauptversammlung des HvL am 06. April 2013 stand unter dem Zeichen des 65-jährigen Bestehens des HvL-Heimatverdrängtes Landvolk e. V. und unter dem Motto der SBZ-Propaganda „Rottet dieses Unkraut aus“,

Bereits in der Begrüßungsansprache forderte HvL-Präsidentin Elisabeth Salomon, dass das Schicksal der Opfer der stalinistischen Boden- und Wirtschaftsreform in Politik und Gesellschaft anerkannt und aufgearbeitet werden muss mit grundlegenden Konsquenzen für eine umfassende Rehabilitierung der Opfer. Eindringlich verwies sie auf die krassen Menschenrechtsverletzungen durch Verfolgungsmaßnahmen, Internierung und Ermordung, denen sich die Opfer allein durch Flucht enziehen konnten. Sie appellierte aber auch an alle Betroffenen, über ihr Schicksal nicht zu schweigen.

3 Eröffnung-Podium
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