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Enteignung auf deutsch

Dass sich in der SBZ nach 1945 deutsche Kommunisten über die Vorgaben der russischen Besatzungsmacht hinweggesetzt haben, wird in dem Beitrag „Der lange Kampf um ein Erbe“  der  MDR-Sendung EXAKT vom 9. November 2016 überdeutlich. (Die Textfassung finden Sie hier.)

Es geht um den rechtlosen Zugriff auf das Vermögen des Zwickauers Emil Rascher, eines geschätzten und noch heute bekannten Zwickauer Bauunternehmers. Dass dazu offizielle Enteignungslisten gefälscht wurden, ist den Opfern und jetzt auch allen Zuschauern der Sendung bekannt. Die zuständigen Behörden wissen längst Bescheid, weigern sich aber, das Unrecht zu revidieren.

Die berechtigte Erwartung der Opfer, dass mit der Wiedervereinigung derart krasses Unrecht der Vergangenheit angehört, scheiterte klar an dem Interesse der Bundesrepublik, aus den Enteignungen Profit zu schlagen. Mit menschenrechtsverachtender Ignoranz fällen deshalb bundesdeutsche Behörden und Gerichte bis heute ihre Entscheidungen wie im Fall Emil Rascher:

Trotz nachweislich gefälschter Enteignungsgrundlagen – keine Rückgabe des Eigentums

Trotz russischer Rehabilitierung – keine Rückgabe des Eigentums

Trotz moralischer Rehabilitierung – keine Rückgabe des Eigentums

Trotz vom BVerwG festgestellter politischer Verfolgung – keine Rückgabe des Eigentums

Die Potenzierung des Unrechts scheint im Rechtsstaat Bundesrepublik keine Grenzen zu kennen, wenn es um fiskalische Interessen geht.

 

Der Fall Emil Rascher

dokumentiert von Bernd Hallbauer am 13. April 2016

Arbeitsweise LAROV – Ein Fall für den Verfassungsschutz?

LAROV verstößt seit 1990 gegen Artikel 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit § 31 Abs. 1 VermG und verwendet seit 1991 von MfS-Vorläuferbehörden 1948 gefälschte Unterlagen zur Begründung der Ablehnung von Restitutionsanträgen.

Worum geht es?

Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (LAROV) in Dresden ist seit 1990 auch für die Bearbeitung von Rückübertragungsanträgen auf von 1945 bis 1949 entzogene betriebliche Vermögenswerte zuständig.

Laut Grundgesetz Art. 20 Abs. 3,  2. Halbsatz, sind die Behörden – somit auch das Landesamt – an Gesetz und Recht gebunden. Das für das Landesamt zutreffende Gesetz ist das „Vermögensgesetz“. § 31 Abs. 1 verpflichtet die Behörde, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Diese gesetzliche Pflicht erfüllte das Referat „Enteignungen 1945-1949“ vom Landesamt nicht! Für seine Entscheidungen über die 1990 gestellten Restitutionsanträge benutzt das Landesamt von MfS-Vorläuferbehörden 1948 gefälschte Unterlagen, die es vom Staatsarchiv Dresden im Dezember 1991 erhielt. Ohne Prüfung der Unterlagen lehnte das Landesamt inzwischen Tausende Anträge von Alteigentümern auf Rückübertragung ihrer ehemaligen Unternehmen und ihres privaten Grundbesitzes ab. Durch die fehlenden Arbeitsplätze und ausbleibenden Gewerbesteuern dieser Unternehmen ist dem Freistaat Sachsen ein Milliardenschaden entstanden.

Die Fälschung der Unterlagen hat der Zwickauer Bernd Hallbauer dem Landesamt inzwischen nachgewiesen. Als Vertreter der Erben nach Baumeister Emil Rascher aus Zwickau führte er seit 1991 Recherchen in deutschen und russischen Archiven nach Unterlagen über die Begründungen der Einziehung der privaten Grundstücke des Ehepaares Rascher und des Baugeschäfts Emil Rascher in Zwickau. Bei seinen jahrelangen Recherchen im Stadtarchiv Zwickau, in den drei Staatsarchiven in Dresden, Leipzig und Chemnitz sowie im Bundesarchiv in Berlin stellte er anhand der Benutzerblätter in den von ihm eingesehenen Akten und verfilmten Akten fest, dass bisher kein Mitarbeiter des Landesamtes diese Akten je einsah. Die Einsicht in die Archivakten war aber erforderlich, um den gesetzlichen Auftrag zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen zu erfüllen.

Das Ergebnis der Recherchen von Hallbauer waren u. a. Unterlagen mit folgenden Nachweisen:

  1. Die Alliierte Kommandantura Berlin erließ am 27.02.1947 einen Befehl (siehe Anlage), wonach deutsche Behörden ohne vorherige schriftlich erteilte Genehmigung der jeweiligen Militärregierung keinen Zugriff auf deutsche Vermögen ausüben durften. Dieser alliierte Befehl ist den Vermögensämtern und Verwaltungsgerichten bisher nicht bekannt. Der Befehl ist im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes über sowjetische Enteignungsverbote ein generelles alliiertes Enteignungsverbot.
  2. Von 1945 bis 1949 gab es eine durchgehend gültige rechtsstaatlich korrekte Befehlskette der Alliierten Kontrollbehörden und der SMAD einschl. Geheimbefehle. Danach waren Enteignungen in der SBZ nur durch konkrete direkte SMAD-Befehle oder durch Strafurteile sowjetischer Militärtribunale oder ab 1948 durch deutsche Strafgerichte als „Willen der sowjetischen Besatzungsmacht“ und allein gültiges Besatzungsrecht zulässig. Mit dem Volksentscheid in Sachsen am 30.06.1948 wurde nur das Prinzip bestätigt. Für alle als Kriegsverbrecher und Naziaktivisten Beschuldigte musste erst ein gerichtliches Verfahren gemäß SMAD-Befehl Nr. 201 vom 16.08.1947 und Kontrollratsdirektive Nr. 38 vom 12.10.1946 geführt werden.
  3. Das Landesamt in Dresden verwendet seit 1990 eine von den MfS-Vorläufern Deutsche Verwaltung des Innern (DVdI) und Kommissariats 5 (K5) (seit 08/1946 unter der „Oberhoheit“ von Vizepräsident Erich Mielke) 1948 gefälschte Fassung vom Beschluss der DWK S 9/48 vom 31.03.1948, die Grundlage für Enteignungen in der SBZ bis 1949 war, auch als Grundlage für behördliche Entscheidungen über eine Ablehnung von Anträgen auf Restitution. Die Fälschung war dem Landesamt bisher nicht bekannt.

Das Ergebnis dieser Recherchen wurde dem Zwickauer Hallbauer von der Generalstaatsan-waltschaft der Russischen Föderation/Hauptmilitärstaatsanwaltschaft Moskau mit einem an die Deutsche Botschaft gesandten Dokument über Baumeister Emil Rascher bestätigt. Gegen Baumeister Emil Rascher lag von Seiten der sowjetischen Militärverwaltung in den Jahren 1945 bis 1949 nichts vor. Es war allein der kommunistische Rat der Stadt Zwickau, der mit Hilfe der MfS-Vorläuferbehörden DVdI und K5 die privaten Wohnhäuser von Frieda und Emil Rascher sowie das Baugeschäft von Baumeister Emil Rascher in seinen Besitz brachte.

Hallbauer recherchierte auch, wie das ohne Vorliegen eines Enteignungsaktes gelang:

Der kommunistische Rat der Stadt Zwickau ließ in den Grundbüchern die Seiten “Eigentümer“ mit der Eintragung von Frieda und Emil Rascher als Eigentümer vernichten und sich mit Datum vom 31.05.1948 als Eigentümer eintragen, obwohl kein Befehl und kein Urteil über eine Vermögenseinziehung vorlag. Den erforderlichen Enteignungsakt gab es für das Ehepaar Rascher also nicht.

Um den Diebstahl des Eigentums des Ehepaares Rascher „rechtlich“ abzusichern, stellte die Staatsanwaltschaft Zwickau mit dem gleichen Datum 31.05.1948 einen Strafantrag auf Einziehung des Vermögens und 1 Jahr und 6 Monate Gefängnis. Mit Urteil der 14. Kleinen Strafkammer beim Landgericht Zwickau vom 16.11.1948 wurde das Strafverfahren wieder eingestellt. Die Staatsanwaltschaft Zwickau legte jedoch dagegen Revision ein. Mit Urteil OLG Dresden vom 27.04.1949 wurde das Urteil LG Zwickau vom 16.11.1948 wieder aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung an das LG Zwickau zurückverwiesen. Am 10.11.1949 wurde das Strafverfahren erneut eingestellt, allerdings ohne Urteil.

Die Strafakte der Staatsanwaltschaft Zwickau mit dem Strafantrag vom 31.05.1948 war jedoch ab 1990 nicht auffindbar. Der Zwickauer Bernd Hallbauer gab die Suche jedoch nicht auf. Mit Unterstützung der Stasi-Unterlagenbehörde, die ihm eine Akten-Nummer mitteilen konnte, fand er schließlich 2013 die Strafakte mit dem Strafantrag in einem Archiv.

Das MfS hatte die Akte nach Einstellung des Strafverfahrens 1949 im Zentralarchiv des MfS versteckt. Warum wohl?

Der Zwickauer informierte schon 2013 gemeinsam mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Gerald Otto den Präsidenten der Landesdirektion Sachsen, Herrn Dietrich Göckelmann, die Vizepräsidentin Frau Carolin Schreck und mit Schreiben vom 31.07.15 Herrn Ministerpräsident Stanislaw Tillich sowie das Sächsische Staatsministerium des Innern über den Sachverhalt mit der Verwendung von gefälschten Unterlagen. Eine Antwort erhielt er bis heute nicht  Warum wohl?

Hierzu: Bekanntmachung der Kontrollbehörden.

Angelegenheit betreffend das unter Kontrolle einer der Besatzungsbehörden stehende Eigentum.

Berlin, den 27. Febr. 1947

Die Alliierte Kommandantura Berlin ordnet wie folgt an:

  1. Ohne vorherige schriftlich erteilte Genehmigung der Militärregierung des Sektors, in welchen das Eigentum sich befindet, darf kein deutsches Gericht die Zuständigkeit beanspruchen oder ausüben in Fällen, welches das auf Grund des Gesetzes Nr. 52 der amerikanischen, britischen und französischen Militärregierung oder des Befehls Nr. 124 des sowjetischen Oberbefehlshabers der Kontrolle unterliegende oder unter Kontrolle stehende Eigentum bzw. das kraft Anordnung einer der Besatzungsbehörden eingezogene oder der Konfiszierung unterworfene Eigentum betreffen.
  2. In Fällen, in denen die Gründe zur Prozessführung vor dem 8. Mai 1945 entstanden sind, wird obige Genehmigung in der Regel nicht erteilt.
  3. Irgendwelcher Urteilsspruch, der bereits gefällt wurde oder hiernach in einem solchen Prozess gefällt wird, der ohne Bewilligung der Militärregierung des Sektors, in welchem sich das Eigentum befindet, eingeleitet wurde, ist nichtig, und irgendwelche Maßnahmen zur Durchsetzung eines solchen Urteilsspruches ist ungültig.
  4. Ohne vorherige schriftlich erteilte Genehmigung der Militärregierung des Sektors, in welchem sich das Eigentum befindet, darf keine Eintragung in das Grundbuch stattfinden betreffend Eigentum, das der Kontrolle der Konfiszierung unterliegt, wie dies in § 1 dieser Anordnung bezeichnet ist.
  5. Bevor ein deutsches Gericht oder das Grundbuchamt in einer bewegliches oder unbewegliches Eigentum angebenden Sache handelt, hat das Gericht bzw. das Grundbuchamt schriftliche Erklärungen von allen am Verfahren interessierten Parteien anzufordern, die in allen Einzelheiten wahrheitsgetreu sein müssen und von den betreffenden Parteien oder deren Rechtsanwälten abzugeben sind, dass das Eigentum der Kontrolle oder der Konfiszierung nicht unterliegt, wie in § 1 angeführt ist.
  6. Ohne vorherige schriftlich erteilte Genehmigung der Militärregierung des Sektors, in welchem das Eigentum sich befindet, dürfen keine Schritte seitens irgendwelcher natür-licher oder juristischer Personen unternommen werden, um eine Entscheidung eines deutschen Gerichtes oder des Grundbuchamtes durchzusetzen oder auszuführen, die der Kontrolle oder Konfiszierung unterliegendes Eigentum angeht, wie in § 1 angeführt ist.
  7. Nichtbefolgung dieser Anordnung bzw. Versäumnis, ihre Bestimmungen zu beachten, stellt Verletzung eines Befehls der Militärregierung der Besatzungsbehörden dar und wird demgemäß bestraft.

Quelle: HvL-Grünes Blatt 2/2016 vom 4. Juli 2016

EGMR-Urteil ist rechtskräftig

Die Bundesregierung hat nach der Entscheidung des EGMR in der Beschwerde Madaus gegen Deutschland darauf verzichtet, die Große Kammer anzurufen. Damit hat die Entscheidung des EGMR vom 9. Juni 2016 Rechtskraft erlangt.

Bei der Informationsveranstaltung in Berlin am 23. Juli 2016 legte Dr. Udo Madaus in seiner Einführungsrede die skandalösen Umstände der bisherigen nationalen Verfahren auf strafrechtliche Rehabilitierung minutiös dar. Er gibt damit zwar lediglich einen Einblick in die haarsträubende Handlungweise des Landgerichts Dresden – der aber ist stellvertretend für zahlreiche Klagen von Opfern der kommunistisch-stalinistischen Boden- und Wirtschaftsreform, die nicht selten ohne exakte Prüfung des vorgetragenen Sachverhalts mit Pauschalfloskeln und Pauschalurteilen abgeschmettert wurden.

EGMR-Infoveranstaltung-Rede-von-Dr-Udo-Madaus (pdf)

Der LPG-Skandal

Wie ist es möglich, dass LPG-Nachfolgebetriebe die Sicherung des Eigentums als oberstes Ziel ihrer Funktionärsarbeit ansehen? Eigentlich ist dies unbegreiflich, wenn man die Geschichte der LPGen in der DDR-Diktatur sieht, bei der das Eigentum aller mit Füßen getreten wurde.

In der Dokumentation des MDR-Fernsehens „Der LPG-Skandal“ finden Sie eine Antwort auf die Frage und sie erhalten einen Einblick in eine der größten Vermögensverschiebungen im Bereich der Landwirtschaft nach der Wiedervereinigung.

Hier geht es zum Film „Der LPG-Skandal“

Hier finden Sie den Inhalt des Films

EGMR verurteilt BRD

Bereits auf der  Jahreshauptversammlung  des HvL am 12.03.2016 hat der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt Stefan von Raumer , Berlin, mit ausdrücklicher Genehmigung seines Mandanten Dr. Udo Madaus über den Stand des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) berichtet.

Jetzt steht fest: Der EGMR hat für Dr. Udo Madaus und damit gegen die Bundesrepublik Deutschland entschieden. Damit ist der Weg frei für die erneute Aufnahme des Strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahrens vor dem Landgericht Dresden und hier insbesondere für die Anhörung in einer mündlichen Verhandlung.

In der Pressemitteilung der Rechtsanwaltskanzlei von Raumer vom 09.06.2016 heißt es dazu (Auszug):

Straßburg: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt die Bundesrepublik Deutschland wegen Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention im Strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren des Dr. Udo Madaus

Heute hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (EGMR) im Beschwerdeverfahren der Rechtsanwaltskanzlei von Raumer Madaus / Deutschland, Az.: 44164/14 die Bundesrepublik Deutschland wegen Verletzung von Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verurteilt. Die Entscheidung ist in englischer Sprache unter http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-163443 abrufbar. Das Straßburger Gericht hat entschieden, dass das Landgericht Dresden, Rehabilitierungskammer das Recht des heute 92jährigen Dr. Udo Madaus auf Anhörung in einer mündlichen Verhandlung aus Artikel 6 EMRK in einer grundsätzlich bedeutsamen Sache verletzt hat. …

Nach den Vorgaben der EMRK und dem geltenden deutschen Recht führt das Urteil des Gerichtshofs nun dazu, dass das strafrechtliche Rehabilitierungsverfahren des Dr. Udo Madaus wieder aufgegriffen werden muss. Dabei ist nun die Rehabilitierungskammer des Landgerichts Dresden an das Urteil des Gerichtshofs gebunden, muss also insbesondere die versäumte mündliche Verhandlung nachholen und Herrn Dr. Udo Madaus und seinen Anwälten öffentlich Gehör für die vorgetragenen Argumente schenken. Das kann auch eine neue Hoffnung für andere Betroffene solcher Maßnahmen bedeuten. Die Antragsfrist für Anträge nach dem StrRehaG laufen erst zum 31. Dezember 2019 ab.

Den vollständigen Text der Pressemitteilung finden Sie unter http://www.jus-von-raumer.de/aktuelles-veröffentlichungen-download/ oder hier als pdf-Datei.

20. Bundeskongress in Rostock vom 22.- 24. April 2016

Auf dem „20. Bundeskongress der Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen und zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur sowie der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur mit den Verfolgtenverbänden und Aufarbeitungsinitiativen“ in Rostock forderte Präsidentin Elisabeth Salomon in ihrer Ansprache, das kommunistisch-stalinistische Unrecht und die krassen Menschenrechts-verletzungen in der SBZ und deren Folgewirkungen in der DDR verstärkt in die Arbeit der Landesbeauftragten einzubeziehen. Das „schwarze Loch“ zwischen den beiden deutschen Diktaturen müsse explizit Teil der Aufarbeitung werden, da durch den menschen-verachtenden Stalinismus in der SBZ die Grundlagen gelegt wurden für das anschließende DDR-Unrecht. Nicht umsonst hatte Bundespräsident Gauck bei seiner ersten Antrittsrede von einer Kontinuität der Diktaturen von 1933 bis 1989 gesprochen.

Ansprache E. Salomon in Rostock am 23.04.2016

20. Bundeskongress-Tagesordnung S.1 / S.2

Enteignung statt Bodenreform?

http://www.svz.de/mv-uebersicht/mv-wirtschaft/das-papier-strotzt-vor-fehlern-und-unkorrektheiten-id9051786.html

Wie überall in Deutschland tauchen ständig selbst ernannte Agrarexperten auf, um gegen die moderne und ihrer Meinung nach industrialisierte Landwirtschaft zu hetzen. In der Regel treffen sie aber genau die Betriebe, die sie zu schützen vorgeben: die bäuerlichen Familienbetriebe. Mecklenburg-Vorpommern ist dabei wohl eines der Länder,  in denen diese Leute zu Hauf das als Anschauungsmaterial finden, was sie für ihre Argumentation brauchen: Echte industrielle Groß- und Größtbetriebe, die vielfach eins zu eins in die Fußstapfen der vormaligen LPGen aus DDR-Zeiten getreten sind (siehe Agrarkartelle in Ostdeutschland).

Gerade die bäuerliche Landwirtschaft freut sich, wenn es in wenigen seltenen Fällen einmal vorkommt, daß sich die zuständigen Landwirtschaftsminister gegen die zweifelhaften Forderungen verschiedener Grüppchen und Gruppierungen aussprechen, statt sie mitzutragen. Im Fall Mecklenburg-Vorpommerns, mit seinem SPD-Landwirtschaftminister Till Backhaus hingegen kann einem nur noch schlecht werden. Seiner Meinung nach kämen solche Forderungen (begrenzen von Subventionen, Obergrenzen in der Tierhaltung …) einer Enteignung gleich und würden die Bodenreform in Frage stellen! Zur Erinnerung: durch die Bodenreform wurden zwischen 1945-1949 Bauern zu tausenden von ihrem Höfen vertrieben und enteignet, in vielen Fällen wurden sie gefoltert und ermordert. Aus deren Ländereien entstanden später die LPGen, die Herr Backhaus hier in Schutz zu nehmen versucht. Die rechtmäßigen Eigentümer und ihre Erben durften ihr eigenes Land nach der Wiedervereinigung nichteinmal aus dem Staatsbesitz wieder kaufen, während es windige Agrarinvestoren und vor allem die Funktionäre mit SED-Vergangenheit über Jahre hinweg für Spottpreise zugesprochen bekamen. Einige Historiker sprechen zu Recht von dem größten deutschen Verbrechen der Nachkriegsgeschichte, welches nicht grundlos von Politik und Medien bis heute totzuschweigen versucht wird. Nun ist es Herrn Backhaus sogar als Argument gegen die Forderungen vermeintlicher Experten gut genug. Die Rückübertragung von gewaltsam gestohlenem Eigentum sei also seiner Meinung nach die eigentliche Enteignung und Unrecht überhaupt in Frage zu stellen ein Vergehen? Vielleicht sollte man den Ursprung eines solch verzerrten Weltbildes auch in der Vergangenheit, nämlich von Herrn Backhaus suchen, denn dieser war selbst LPG-Funktionär in Neuhaus (Niedersachsen), das seinerzeit noch zu Mecklenburg-Vorpommern gehörte.

Agrarkartelle in Ostdeutschland

Vor 25 Jahren war es Winter in Deutschland und der Schnee lag über dem noch jungen Weizen. Doch gerade in den östlichen Teilen der Bundesrepublik war etwas anders als sonst, denn es war der letzte Weizen, der in der noch existierenden DDR geerntet werden sollte. Nicht nur marode Bausubstanz und Industrie markierten den Unterschied zwischen Ost und West, es waren genauso die riesigen Äcker, die von industriell organisierten LPGen bewirtschaftet wurden und sich so sehr von der bäuerlichen Struktur Westdeutschlands absetzten. Das Land, auf dem diese Kolchosen wirtschafteten, war zum einen Teil blutig geraubt , zum andern Teil samt der Bauern, die auf ihm saßen, versklavt worden.

Nicht umsonst ging daher bei vielen die  Hoffnung mit der politischen Wende einher, dass dieser Zustand nicht länger anhalten würde. 25 Jahre danach sieht die Bilanz ernüchternd aus: die riesigen Äcker sind geblieben, genauso wie die Produktionsgenossenschaften, die auf ihnen wirtschaften. Selbst die Köpfe, die sie leiten, sind in den vielen Fällen die gleichen wie vor 25 Jahren. Es ist ein dunkles Kapitel der Wiedervereinigung, das man gerne tot zu schweigen versucht.

Ausgerechnet die links-grüne TAZ hat sich nun dieses Themas angenommen und zeigt in ihrem Artikel „Agrarkartelle in Ostdeutschland“ schonungslos, was sonst gerne vertuscht wird.

http://taz.de/Agrarkartelle-in-Ostdeutschland/!139358/

 

Der 20. Juli, die Bundesrepublik feiert den Sieg über alle Widersacher

Zum siebzigsten Mal jährt sich dieses Jahr der versuchte und gescheiterte Umsturzversuch vom 20. Juli 1944. Seit 1963 steht dieser Tag auch im offiziellen Kalender der Bundesrepublik, doch bis heute, so scheint es, haben vor allem die politischen Eliten unseres Landes ein sehr gespaltenes Verhältnis zu den Vorgängen und Akteuren desletzten und bedeutendsten Aufstandes gegen Hitler.

 

Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR war es von Beginn an quasi Staatsraison, dass(Groß)Bauern, Gutsherren, Unternehmer und einige mehr, diejenigen gewesen seien, die Hitler in den Sattel gehoben hätten. Genau diese Argumentation diente dann auch direkt nach dem Krieg den deutschen Kommunisten als moralische Rechtfertigung für Raub, Vertreibung, Gewalt bis hin zum Mord an eben diesen politisch unerwünschten Bürgern. Dass sich unter den pauschal verurteilten Hauptkriegs- und Naziverbrechern neben den mehrheitlich völlig Unbescholtenen auch reihenweise Angehörige derer befanden, die rund um die Ereignisse des 20. Juli von den Nazis gefoltert und gemordet wurden, passte um so besser ins Kalkül, weil die neuen Machthaber mit Sicherheit davon ausgehen konnten, daß diese  sich auch gegen die nächste sozialistische Diktatur auflehnen würden, wenn man ihnen auch nur die kleinste Möglichkeit dafür lassen würde. Auch darf nicht vergessen werden, dass eben auch die Familien auf Grund der von den Nazis und später auch von den Kommunisten praktizierten Sippenhaft kaum mildere Schikanen zu ertragen hatten.

 

Es war eine bewusste Entscheidung der schwarz-gelben Bundesregierung 1989/90, das himmelschreiende Unrecht des DDR-Regimes weitestgehend auf sich beruhen zu lassen, was einer moralische Absolution des kommunistischen Weltbildes und der aus ihm resultierenden Verbrechen gleichkam. Die Überzeugung, der deutsche Adel, Großbauern und Industrielle seien Schuld am Aufstieg der Nazis, setzte sich dadurch auch in Westdeutschland zunehmend durch. So wird der Zugang der „Eliten“ in Politik und Medien des heutigen Deutschlands zu dem bekanntesten Widerstandsereignis der Nazizeit immer schwieriger, bestand doch der Kreis der Beteiligten fast vollständig aus Offizieren, aus Adeligen, aus Söhnen von Grundbesitzerfamilien. Es scheint unserem heutigen politisch-medialen Personal unmöglich die Realität des 20. Juli mit dem eigenen Weltbild in Einklang zu bringen. Ein Weltbild, in dem die Helden des Widerstands entsprechend der eigenen Stereotypen eigentlich die Nazitäter sein müssten Es ist schon fast davon auszugehen, dass genau diese Denkweise in den Tagen der Wiedereinigung bereits latent in den Köpfen unserer politischen Führung verankert war, egal wie „liberal“ oder „konservativ“ sie sich selbst bezeichnete. Anders ist die Entscheidung der Bundesregierung, das gestohlene Eigentum, eben auch vieler Widerstandskämpfer, aus dem Bundesvermögen meistbietend zu verkaufen, anstatt es den rechtmäßigen Eigentümern bzw. deren Erben zurückzugeben, nicht zu verstehen. Als Rechtfertigung wurde damals, man höre und staune, angeführt, dass die Maßnahmen gegen Nazi- und Kriegsverbrecher nicht angetastet werden dürften. Die Sippenhaft, unter denen die Angehörigen der Verschwörer in den letzten Monaten des Dritten Reiches noch massiv zu leiden hatten, deretwegen sie danach von deutschen Kommunisten aus ihrer Heimat verjagt wurden, wurde nun 45 Jahre nach ihrer offiziellen Abschaffung erneut gegen sie ausgesprochen. Weil sie Erben angeblicher Naziverbrecher seien, wurde ihnen die Rückkehr in ihr Zuhause verwehrt.

 

Für die Angehörigen und wenigen Überlebenden der Beteiligten des 20. Juli war dies ein brutaler Schlag ins Gesicht. 1996 sagten Hans Albrecht von Boddien und Philipp von Boeselager als zwei der letzten Überlebenden ihre Teilnahme an der offiziellen Gedenkfeier ab, wozu von Boddien in einem offenen Brief erklärte (http://www.focus.de/politik/deutschland/widerstand-strafe-fuers-ueberleben_aid_162319.html): „Als einer der wenigen am Leben gebliebenen und heute noch lebenden aktiven Teilnehmer des 20. Juli 1944 empfinde ich es als unerträgliche Mißachtung unseres Widerstandes gegen Nazigewalt und -unrecht, daß die derzeitige Regierung [Kohl] sich anmaßt, den aus dem deutschen Osten stammenden Widerständlern als „besonderen Dank für den selbstlosen Einsatz“ Familienbesitz, die geliebte Heimat mit Haus und Hof zu rauben und zu verscherbeln…“

Bereits 1993 starb mit Axel von dem Bussche ein anderer Überlebender des 20.Juli, der ebenfalls seines Erbes beraubt, resigniert nach erfolglosen Klagen gegen die Bundesrepublik, als letzte Worte gesprochen haben soll, dass er sich schäme einen deutschen Pass in der Tasche zu haben. Für ein solches System habe er nicht sein Leben riskiert!

 

Seit einigen Jahren wurde unter der Regierung Merkel das feierliche Gelöbnis der jungen Soldaten des Wachbataillons vom Bendlerblock weg, vor den Reichstag verlegt. Vielleicht mag der Platz optisch ansprechender sein als der enge Innenhof des schlicht gehaltenen Gebäudekomplexes, doch wird die Feier damit auch vom Ort des Geschehens – der Gedenktafel an der Wand, an der der engste Verschwörerkreis noch in der Nacht zum 21.Juli standrechtlich erschossen wurde – weg zum Ort der politischen Entscheidung gelegt. Das ist schon ein mehr als symbolischer Akt, der die Akteure und ihr auf ihrem Gewissen beruhendes Handeln in den Hintergrund schiebt und dafür den Gehorsam der Armee gegenüber der Politik in den Vordergrund stellt. Die Botschaft dieses Gedenktages wird damit zunehmend negiert.

 

Diese Entleerung des Inhalts und die Tatsache, dass die Erben der Widerstandskämpfer bis heute wie zu Zeiten der Sippenhaft als Verbrechererben gebrandmarkt werden, lässt immer mehr den Eindruck aufkommen, dass alljährlich am 20. Juli nicht der versuchte, sondern der gescheiterte Widerstand gefeiert wird. Statt einer auf halbmast stehenden Trauerbeflaggung, die zum Gedenken an die ermordeten Helden des Widerstands anregen würde, suggeriert die Vollbeflaggung geradezu einen Triumph, den Sieg über alle Widersacher. Ein Sieg über alle, die sich als freie Menschen ihrem Gewissen gegenüber verantwortlich gefühlt und entsprechend diesem Gewissens bis in die letzte Konsequenz gehandelt haben.

Nach 1944 unter den Nazis und 1945 unter den Kommunisten wurden die letzten Überlebenden und Erben der Widerstandskämpfer 1990 durch die schwarz-gelbe Bundesregierung ein drittes Mal bestraft, indem man ihr Erbe vor ihren eigenen Augen öffentlich zum Verkauf stellte und dabei nicht selten auch Familien bekannter, echter Naziverbrecher den Zuschlag gab. Spätestens seit dieser politischen Entscheidung ist der 20. Juli zu einer Farce sondergleichen verkommen. Wer die offiziellen Veranstaltungen zu diesem Gedenktag verfolgt, sollte sich bewusst sein, dass die Bundesrepublik sich an diesem Tag vielleicht unbewusst, aber dennoch stolz als Vollstrecker national-/sozialistischer Verbrechen präsentiert.

 

Dr. Jörg Gerke: Zahlen und Fakten zur ostdeutschen Bodenpolitik

Vortrag am 26.03.2014 in Güstrow – Handout

Die ostdeutsche Bodenpolitik nach 1990

Der Fall Mecklenburg-Vorpommern

PD Dr. Jörg Gerke

Die ostdeutschen Agrarstrukturen sind fast 25 Jahre nach dem Mauerfall durch nichts so bestimmt wie durch die bodenpolitischen Entscheidungen.

Dies gilt in besonderem Maße für Mecklenburg-Vorpommern (M-V), wo die öffentliche Hand anfangs über weit mehr als 50 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche verfügte, die letztlich aus der „Bodenreform“ stammte. Noch 1994 verwaltete die Bodenverwertungs- und Verwaltungsgesellschaft (BVVG) mehr als 440.000 ha, das Land M-V selbst war im Jahr 2003 Eigentümer von mehr als 90.000 ha. Zum Bodeneigentum der öffentlichen Hand kommt noch in erheblichem Umfang das kommunale Eigentum.

Welche strukturellen Effekte wurden mit der Verfügung über diese Flächen beabsichtigt und bewirkt? In Bezug auf die BVVG hat die Bundesregierung im Jahr 2012als Antwort auf eine kleine Anfrage informative Daten veröffentlicht (Tab. 1).

Tabelle 1. Verpachtung von BVVG-Flächen an unterschiedliche Betriebsgrößen zum 1.1.2010 in ganz Ostdeutschland und in Mecklenburg-Vorpommern, Angaben in Hektar. (Anteil an der gesamten Fläche in %). [Anteil der Betriebe an den gesamten Betrieben in M-V in %]

 

bis 100 ha

100 – 250 ha

250 – 500 ha

500 – 1.000 ha

über 1.000 ha

Gesamt-fläche
Mecklenburg-Vorpommern

1.638  (1,5%)

7.375 (6,7%)

15.143  (15,0%)

25.621  (23,0%)

60.882 (55%)

110.659

Betriebsgrößen-verteilung MV

[52%]

[14,9%]  

[14,9%]

[10,9%]

[7,2%]

 

Ostdeutschland 

5.779 (2,0%)

20.807 (7,2%)

35.541 (12,3%)

71.038 (24,0%)

154.873 (53,8 %)

288.038

Aus : Bundestagsdrucksache 2012/85174, Auszug; Statistisches Amt M-V 2010, Auszug

Folgende Sachverhalte lassen sich aus Tabelle 1 ablesen. Die von Betrieben bis       100 ha bewirtschaftete BVVG-Fläche ist mit 1,5% in M-V und 2,0 % in ganz Ostdeutschland gering. In M-V haben  52% der Betriebe, nämlich die bis 100 ha fast keine BVVG- Flächen zum Stichtag gepachtet. Dagegen haben 7,2% der Betriebe, diejenigen mit über 1000 ha, 55% der BVVG Flächen gepachtet. Die Situation ist in ganz Ostdeutschland ähnlich, wobei die Bevorteilung der Großbetriebe in M-V noch ausgeprägter ist.

Da die ostdeutschen Bundesländer für die Verpachtung der BVVG-Flächen des Bundes verantwortlich sind- die zuständigen Pachtkommissionen waren bei den Ämtern für Landwirtschaft  oder den Landkreisen angesiedelt -muß von einer vergleichbaren Bevorzugung der großen Betriebe bei der Verpachtung der Landesflächen ausgegangen werden.

Kleine und mittelgroße Betriebe konnten nach der Wende nicht gegründet werden oder konnten vom Nebenerwerb nicht in den Haupterwerb wechseln, weil sie von der Verpachtung weitgehend ausgeschlossen waren.

Die Verpachtung bestimmte kurz- und mittelfristig die agrarstrukturelle Entwicklung. Was aber bedeutete die Verpachtung für die langfristige Entwicklung?

Auch dazu hat die Bundesregierung nach einer kleinen Anfrage im Bundestag im Jahr 2012 Informationen gegeben (Tab. 2).

Tabelle 2. Verkäufe landwirtschaftlicher BVVG- Flächen von 1992 bis einschließlich 2011 in Hektar (Bundestagsdrucksache 2012/846085, Auszug)

Verbilligt (nach EALG)

zum Verkehrswert

 

an Pächter

 

an Alteigentümer

 

an Pächter

nach allgem. Ausschreibung

nach beschränkter Ausschreibung

371.051

20.436

262.384

44.455

5.519

 

Die Pächter haben seit 1992 im Direktverkauf mehr als 90% der verkauften BVVG- Flächen erworben, vorbei an Ausschreibungen oder beschränkten Ausschreibungen, also zu subventionierten Kaufpreisen. Da Pächter der BVVG-Flächen die Großbetriebe waren und sind, ist der Ausschluss kleinerer und mittlerer Betriebe nicht nur kurzfristig, sondern langfristig angelegt. Und dies mit hohen Subventionen. Noch 2010 verpachtete die BVVG bei langfristigen Pachtverträgen zu im Mittel 150 €/ha und Jahr, rund ein Drittel des Verpachtungspreises auf dem freien Markt. Ein nur geringfügig höheres Pachtpreisniveau für Landesflächen hat der hiesige Landwirtschaftsminister für M-V vor Kurzem bekannt gegeben. Die Verkaufspreise der BVVG für den EALG-Verkauf lagen lange Zeit für hochwertige gut arrondierte Flächen in M-V bei unter 2.500 €/ha, während auf dem freien Bodenmarkt solche hochwertigen, arrondierten Flächen nahezu nicht zu erwerben waren, oder bei Preisen von 10.000 €/ha oder mehr lagen.

Durch diese Form der BVVG-Verpachtung und der Verpachtung der Landesflächen ist die mittelständische bäuerliche Landwirtschaft von diesen Subventionen weitgehend und gezielt ausgeschlossen worden. Es sind Eigentumsstrukturen geschaffen worden, deren Konzentration heute schon die Verhältnisse vor 1945 weit übertreffen. Dabei bewirtschaften in M-V mittlerweile die 341 Betriebe über 1000 ha Größe mehr als 40% der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Ursache für diese Entwicklung ist die solcherart betriebene „Bodenpolitik“, verbunden mit einem System an EU-Agrarbeihilfen, das diese Beihilfen allein an den Umfang des Bewirtschaftungsrechtes für landwirtschaftliche Flächen bindet.

Diese Entwicklung hat nichts mit einem marktwirtschaftlichen Strukturwandel gemein, sie ist durch die gezielte, hohe Subventionierung von Großbetrieben in Ostdeutschland und in M-V in besonderem Ausmaß bestimmt. Und es sind erst recht nicht „Gewachsene Strukturen“ die in Ostdeutschland in der Landwirtschaft anzutreffen sind. Dies ist nur eine leere Phrase von ostdeutschen Agrarministern und Bauernverbandsfunktionären.

Der Bürgerrechtler in der ehemaligen DDR und Agrarwissenschaftler Michael Beleites hat zu dem Begriff „Gewachsene Strukturen“ treffend formuliert: „Gewachsen sind die Besonderheiten der ostdeutschen Agrarstrukturen ganz und gar nicht. Sie verdanken sich der blanken Gewalt und den flächendeckenden Zwangsmaßnahmen einer menschenverachtenden Diktatur. Die Bodenreform (1945/46), die Kollektivierung (1952-60) und die Industrialisierung (1970er Jahre) waren drei Teile desselben Plans und sie dienten einem zentralen Ziel der kommunistischen Ideologie: Der kompletten Auslöschung des Berufsstandes der freien Bauern“ (Beleites, 2012, Leitbild Schweiz oder Kasachstan. Hamm).

Die ostdeutsche Bodenpolitik nach 1990 ist die Fortsetzung dieser Politik.

Angesichts der Sachlage und der statistischen Daten ist es nur noch skurril, wenn der seit 1998 in M-V amtierende Landwirtschaftsminister vor einigen Jahren in einer Landtagsrede unwidersprochen behaupten konnte, daß er sich für die breite Eigentumsstreuung eingesetzt habe.

Was aber sind die Folgen der ostdeutschen Bodenpolitik?

  1. Wenige Agrargroßbetriebe beherrschen in einem immer größeren Ausmaß die Dörfer und ländlichen Regionen. Dabei sind diese Betriebe vorwiegend auf extensive Produkte wie Mais und Druschfrüchte spezialisiert.

 

  1. Bäuerliche Landwirtschaft, also eine verantwortliche, über Generationen nachhaltige Landwirtschaft wird immer weiter zurückgedrängt, landwirtschaftlich geprägte Dörfer verschwinden oder werden zu agrarindustriellen Einheiten. Der Greifswalder Geograph Prof. Dr. Klüter hat diese Entwicklung als Bildung von Wüstungen charakterisiert.

 

  1. Flächenbezogene hohe Wertschöpfung in der Landwirtschaft ist eine Folge von Tierhaltung, Anbau von Hackfrüchten wie Kartoffeln oder Gemüse und einer intensiven kundennahen Vermarktung, wie der Direktvermarktung. Dies leisten bäuerliche Betriebe und nicht extensive Großbetriebe.

 

  1. Der Ausverkauf der Landwirtschaft in Ostdeutschland an externe, ortfremde Investoren ist eine Folge der ostdeutschen Bodenpolitik. Es wurden große Betriebe geschaffen, die Flächen von der öffentlichen Hand teilweise nahe dem Nulltarif erworben haben. Diese sind das Ziel externer Investoren, nicht aber kleine bäuerliche Betriebe. Deswegen gibt es den Ausverkauf in Ostdeutschland; in Westdeutschland dagegen gibt es keinen vergleichbaren Prozess.

 

Für weitere Informationen zu diesem Thema: ostdeutsche.bodenpolitik.de